24.10.2014

24.10.2014: „Anpfiff zur zweiten Halbzeit“



Mir fällt auf, dass wir heute den 24. Oktober haben, was bedeutet, dass es noch zwei Monate bis Weihnachten sind bzw. mein Auslandssemester gerade in die Halbzeit geht.
Fazit möchte ich nach zwei Monaten noch ehrlich gesagt noch keines ziehen, das mache ich dann nach meinem Aufenthalt jenseits des Rheines, weil ich glaube, dass sich in den nächsten acht Wochen noch einige Dinge ereignen werden, mit denen ich nicht gerechnet hatte und die dann wohl mein Zwischenfazit komplett über den Haufen werfen werden.
Das einzige was bereits jetzt feststeht ist, dass das Semester hier zwar mit Reisen und Feiern verbunden ist, aber nicht so, wie man sich immer vorstellt. Rein theoretisch könnte ich hier mir Tag für Tag die Nächte um die Ohren schlagen und die europäischen Metropolen unsicher machen. Mal abgesehen davon, dass es mir schlichtweg viel zu langweilig wäre, wenn ich immer nur dasselbe mache, ist es auch schlichtweg praktisch nicht möglich, da einen das französische Schulwesen ziemlich einengt. Dank Anwesenheitsliste, ständig abzuleistenden Präsentationen und Berichten ist man praktisch zur Anwesenheit verpflichtet, wenn man den einen oder anderen ECTS-Punkt sammeln möchte.
Ich möchte mich hier gar nicht beklagen, denn das was mir hier ermöglicht wird, ist nicht jedem vergönnt und mir wird jeden Tag bewusster, welches Privileg es ist hier zu sein.
Erlebe hier jeden Tag so viele Sachen, dass ich eigentlich ein Buch drüber schreiben könnte.
Kapitel I- Erfahrungen mit Lehrern:

  •  Lehrer, die zu spät kommende Schüler 10 Minuten in der Tür stehen lassen bis sie den Raum betreten dürfen
  •  Lehrer, die bei Klausuren 2 Meter das Audimax herunterstürzen 
  • Lehrer, die beim Sichsetzen den Stuhl zerstören, weil sich dessen Beine wie aus Gummi verbiegen
  •  über Lehrer, die in Japan eine Präsentationstechnik namens „PechaKucha“ entdeckt haben und somit die Schüler, verdonnert sind eine Gruppenpräsentation, die normalerweise locker 30 Minuten dauern würde, in weniger als der Hälfte der Zeit zu halten, da man bei dieser Vortragstechnik nur 20 Sekunden pro Folie Zeit hat und die Folienanzahl ebenfalls auf 20 begrenzt ist. War zu viel für mich, habe erstmal die Hälfte meines Textes vergessen und daraufhin blöd in der Gegend rumgegrinst, was ich übrigens ziemlich gut kann.
  •   Lehrer, die ihren Schülern in 4 Tagen ungelogen 30 Werbevideos von McDonalds und CocaCola bevorzugt aus Russland, Brasilien und Indonesien zeigen. Ernähre mich seitdem nur noch von Fastfood.
  •   Außerdem ist mir bislang noch kein Lehrer begegnet, der französische Wurzeln hatte, da sie bislang aus Deutschland, den Niederlanden, aus Großbritannien, aus der Türkei, aus Indien, aus Australien und aus sonstigen Ländern kamen.

Hier ein kurzer Überblick über meine Erlebnisse und Ereignisse hier In Lille:

  • Scheint hier ein recht gefährlicher Fleck Erde zu sein, denn nachts werden hier gerne Leute ausgeraubt. Letzte Woche hat es eine Kommilitonin 10 Meter vor ihrem Haus erwischt. Männliche Studenten bieten ab sofort Begleitschutz gegen Bezahlung an.

  •  Letztes Wochenende in Gent/Belgien gewesen. Ganz lustige Stadt, in der ich aber nicht unbedingt leben möchte und die jetzt nicht unbedingt eine Reise wert ist. Habe festgestellt, dass ich noch nie in Belgien war ohne dass ich so viel gegessen habe, dass ich nicht fast geplatzt werde.  Scheint wohl das leckere, belgische Essen zu sein.

  • Im wunderschönen Stadion von Lille gewesen, wobei das interessanteste an dem Abend die englischen Fans von Everton waren, neben deren Block wir gesessen sind. War ein schrecklich langweiliges  0 zu 0 der aller langweiligsten Sorte. Können ja nicht in jedem Spiel 5 Tore schon in der ersten Halbzeit fallen, wie beim Bayernspiel gegen die Roma, was ich mir mit u.a. mit einem italienischen Kumpel in einer Bar angeschaut hatte.
  • Gibt hier neben normalen Veranstaltungen auch Projektklassen, wobei ich mich für "Cinéma" entschieden habe. Haben diese Woche den spanischen Film „Mar adentro“ angeschaut, in dem das Thema Sterbehilfe behandelt wird. Anschließend in Englisch und Französisch darüber diskutiert. So eine Art der Veranstaltung würde ich mir auch an der LMU wünschen.

  •  etc. (Brauche ja auch noch ein paar Sachen, die ich dann in heimischen Gefilden erzählen kann.

Mit diesen Worte gebe ich zurück ins Stadion zum Anpfiff der zweiten Halbzeit. Pfiff ertönt.





12.10.2014

12.10.2014: „Willkommen bei uns in der Therapiegruppe: Worüber möchtest Du heute reden?“



Wenn ich hier schreibe, gibt es Tage da könnte ich locker zwei Seiten füllen, da ich viel erlebt habe oder weil ich einfach das Gefühl habe ich müsste nicht darüber nachdenken, was ich schreibe, weil es von ganz alleine gehe.

Heute ist definitiv nicht so ein Tag und ich bin mal gespannt, was mein Hirn heute noch so hergibt. Diese Woche hatte ich nur vier Veranstaltungen in der Uni, was eigentlich ganz gut war, da man mal wieder die Möglichkeit hatte auszuschlafen, auf der anderen Seite hat es leider nicht bedeutet weniger Arbeit zu haben.  Neben einem bereits erwähnten, sehr spaßigen Report, galt es zwei Präsentationen auf Französisch vorzubereiten und diverse Online-Sessions anzuschauen, die zumeist an Spannung nicht zu überbieten sind. Naja, das ganze Zeug ist ja vielleicht ganz interessant, aber man behandelt alles nur ziemlich oberflächlich und als detailverliebter Deutscher hat man bisweilen Probleme damit, dass es eben nicht so sehr um die Details geht und hier eher Masse statt Klasse das Credo zu sein scheint.

Mal abgesehen davon, dass es hier einem in der Uni mal recht positiv ausgedrückt nie langweilig wird, hatte ich die letzten paar Tage eine kleine Krise, wobei sich das jetzt unglaublich tragisch anhört, aber es ging mir nach zwei Monaten das erste Mal nicht so gut und ich habe mich gefragt, was ich denn hier eigentlich mache. Ich arbeite ziemlich viel, was eigentlich eh größtenteils sinnfrei ist, da ich mir das meiste nicht in München anrechnen lassen kann und ich kenne hier wahnsinnig, viele tolle Leute, aber es sind bislang noch Bekannte und keine Freunde, mit denen man über alles reden kann. In solchen Situationen merkt man dann erst, wie sehr einem der Freundeskreis fehlt und was man an jedem Einzelnen so hat. Besser ging es mir als ich mich am Freitag spontan mit einem Mädel aus Erding getroffen habe. Repräsentieren hier wohl als einzige den Freistaat und bislang glaube ich  auch ganz gut. Im Nachhinein ist mir erst aufgefallen, wie befreiend es sein kann einfach mal wieder nach ein paar Wochen mehr als zwei Sätze auf Deutsch zu sagen und zu hören, dass man nicht der Einzige mit solchen Problemen ist.

Ich habe auch durchaus Momente diese Woche gehabt, wo ich mich nicht mit Uni und dem Anflug von Heimweh auseinandergesetzt habe, sondern mich vergnügt habe. Haben uns „Ziemlich beste Freunde“ auf Französisch in der Schule(Lektion 3234: Uni heißt hier Schule) angeschaut, bin in einer Bar versackt und am Freitag auf der Geburtstagsparty einer hübschen Finnin gelandet. 






 
War jetzt mal ein Blogeintrag, der etwas ernster war, aber ich schreibe meine Einträge abhängig von meiner Verfassung und möchte euch einen Einblick bieten, was mich so die Woche bewegt, auch wenn es mal nicht lustig oder unterhaltsam ist.

„Damit ist die Therapiesitzung für diese Woche beendet! Und ich hoffe meine Damen und Herren sie haben dann positivere Nachrichten als heute.“

06.10.2014

06.10.2014: Italienische Woche und Wochenende in Paris



Was hat der Blondschopf die letzte Woche so getrieben? 

Da ich nun die Austauschstudenten mehr oder wenige alle kenne, war ich letzte Woche bei einer Veranstaltung des ESN(Erasmus Student Networks)-einer Organisation, die sich europaweit um die Bespaßung von Erasmusstudenten kümmert. Bin in Folge dessen bei einem Bowling-Abend gelandet. Da dreimal so viele Studenten erschienen sind wie gedacht, musste man zwei Stunden warten bis man endlich spielen durfte, aber insgesamt war es ein recht lustiger Abend. Iwie scheint bei mir eh jede Veranstaltung lustig zu sein. Liegt das an meinem Wesen oder an meinem begrenzten Wortschatz solche Abende zu beschreiben? Am Ende der Veranstaltung meinte eine der Organisatorinnen zu mir, dass es alles reibungslos(er) abgelaufen wäre, wenn es ein Deutscher organisiert hätte. Mir  persönlich fällt hier insgesamt auf, egal ob bei Gruppenarbeiten, Stadtbesichtigungen etc.  , dass in 90% der Fälle erwartet wird, dass die Deutschen die Gruppe führen und dass das Gesagte eine große Bedeutung hat. Naja, kein Problem-reden tue ich manchmal ganz gerne :-D

Da ich diese Woche kaum Veranstaltungen in der Uni hatte,  war ich damit beschäftigt und werde es auch nächste Woche noch sein wissenschaftliche Texte in englischer Sprache zu verfassen. Kann mir nichts Spannenderes vorstellen :P

Wir waren am Mittwoch mit 20 Mann Italienisch essen, wo das Essen ganz okay war, aber nicht hervorragend, sodass sich am Freitag eine  italienische WG zum Essen eingeladen hatte. Zunächst gab es sizilianische Aranchini, eine Art Knödel aus Reis mit Füllung, und im Anschluss Spaghetti Bolognese. Super lecker. Werde beim Koch wohl in die Lehre gehen müssen ;-)
Grazie mille, ragazzi!




Der Wecker zeigt 5 Uhr früh, es ist schwarz draußen, packe meinen Rucksack, beiße in mein Baguette und laufe durch Straßen, die von Pfützen mit Kotze und Unmengen Müll dekoriert sind. Manchmal kreuzen super gut gelaunte Jugendliche mit Bierflasche in der Hand meinen Weg. Ansonsten versucht eine Kehrmaschine vergeblich mich einzusaugen. Empfehle dem Kehrmeister in Zukunft doch eher kleine Fische wie Scherben oder fein-püriert anmutendes Essen einzusaugen. Hetze durch die Straßen dieser Stadt. Alles grau und trist. Gleichzeitig auch unglaublich schön. Setze mich in einen train au grand vitesse(TGV) und eine Stunde später wache ich in Paris auf.

Das Wochenende war ich mit einem Finnen, einem Schweizer, einer Italienerin und zwei Mexikanerinnen, die wir zufälligerweise am Bahnhof aufgegabelt haben in Paris. In der Morgensonne stiegen wir zum Sacre-Coeur hinauf, nahmen ein Frühstück in Montmatre ein, bevor wir die üblichen Verdächtigen wie Eiffelturm, Arc de Triomphe, Champs-Elysees, Louvre, Seine und diverse Museen etc. abklapperten. Kam mir alles schon irgendwie bekannt vor und eigentlich wollte ich gerade nach Paris um andere Seiten dieser Stadt zu entdecken als das übliche Touri-Gedöns, aber so hat es im Nachhinein auch ganz gut gepasst und ich habe wieder einen Grund mehr nach Paris zurückzukehren. Immer wenn ich in Paris bin, habe ich das Gefühl ich komme nach Hause. Habe keine Ahnung woran das liegt, aber diese Stadt fesselt  und fasziniert mich einfach. 








Soweit für den Moment!