29.09.2014

29.09.2014: Die Meute gerät international in Bewegung



Wenn ich hier allwöchentlich meine Zeilen schreibe, habe ich oft nur zwei oder drei Sachen im Kopf und der Rest ergibt sich dann beim Schreiben selbst. In letzter Zeit fällt mir immer mehr auf, dass ich hierbei grinse, weil es bisweilen echt Sachen sind, wo ich mir denke, dass ich in ein paar Jahren drüberlesen werde und mir der Gedanke kommen könnte, dass es besser gewesen wäre, wenn ich die ein oder andere Sache nicht geschrieben hätte.  Bin aber am Ende eines seeeehr langen Denkprozesses zu dem Ergebnis  gekommen, dass ich nichts ändern werde, weil es mein Blog ist und ich hinter all den Dingen, die ich so Tag für Tag von mir gebe, mit meinen 1,86 m stehe. So genug weise Worte von mir gegeben, möge dieser Blogeintrag doch endlich mal beginnen…

Am Freitag war  eine Veranstaltung namens „International Gala“ in der Uni geboten, wo wir Studenten im Voraus nur wussten, dass wir im Anzug/Kleid bzw. landestypischer Tracht kommen sollen und uns die Möglichkeit geboten wir unser Heimatland den übrigen Studenten vorzustellen. Ich ärgere mich immer noch, dass ich nicht meinen Anzug zuhause gelassen und stattdessen meinen Anzug aus München mitgenommen habe. Als einziger Bayer unter den ganzen Austauschstudenten wäre das bestimmt ein Spaß geworden.

Da ich nun mal nicht  unbedingt ein Kind von Traurigkeit bin,  war der Abend trotzdem ein Heidenspaß. Man lasse die Uni Essen und Trinken organisieren, stecke 200 Studenten in einen Raum, von denen die meisten klassisch wie ich gekleidet waren, aber auch ein paar in ihren farbenfrohen, traditionellen Kostümen erschienen. Viele  ganz tolle Trachten aus Pakistan, Indonesien, Indien und wo sie alle herkamen. Allein schon deswegen hätte sich der Besuch dieser Veranstaltung gelohnt gehabt.  Aber als dann eine Gruppe traditionell gekleideter Inder zu tanzen anfing, kam der Abend so langsam in Schwung. In den folgenden Stunden haben 200 Leute Tänze aus allen Ecken dieser Erde getanzt, egal ob aus Afrika, Asien, Europa oder aus Südamerika. Ich bin normalerweise nicht um Worte verlegen, aber die Stimmung war unglaublich und schwer zu beschreiben. Irgendwo zwischen Ekstase und gleichzeitig unglaublich friedlich, wenn Ländergrenzen, Sprachen oder Hautfarben, die uns tagtäglich mehr oder minder beeinflussen, keine Rolle mehr spielen. Ein Gänsehautmoment!
Da die ganze Meute nach der Veranstaltung noch etwas an Überhitzung litt, waren wir noch auf einer mexikanischen Party und in einem französischen Club. Dementsprechend war der Samstag der Erholung und universitären Verpflichtungen gewidmet.



Gestern am Sonntag wollte ich mit zwei anderen Studenten nach Brügge/Belgien fahren, aber nachdem wir am Bahnhof noch ein paar andere Studenten getroffen haben, schwankte unsere Gruppengröße in Belgien immer irgendwo zwischen 5 und 25. Ich hatte das Gefühl, dass alle Austauschstudenten das Wochenende im östlichen Nachbarland verbracht haben. Was kann man über die Reise nach Brügge erzählen? Eine wunderschöne, mittelalterliche Stadt, die eine Reise wert ist und  in der man natürlich belgische Spezialitäten, wie Pralinen, Waffeln und belgische Pommes probieren sollte. Haben das wohl etwas übertrieben, denn wir wären fast geplatzt. Haben ansonsten eine Bootstour auf den Kanälen unternommen und sind singenderweise durch die Gassen dieser Stadt gezogen. Ein wunderschöner Tag jenseits der belgischen Grenze und da ich jetzt aufgrund meiner Schilderungen schon  ganz heiser bin, lasse ich Bilder aus Brügge für sich sprechen.











23.09.2014

23.09.2014: Willkommen in der BussiBussi-Gesellschaft



Der Blondschopf zuckt noch, auch wenn ich wieder eine Woche gebraucht habe, um diese Seite erneut mit ein paar Zeilen zu füllen.

Was hat sich in den letzten Tagen so ereignet? Gar nicht so leicht diese Frage rückwirkend zu beantworten, weil ich jeden Tag einen Haufen Eindrücke mit ins Bett nehme und meist schon zwei Tage später nicht mehr weiß, was sich so getan hat.

Jetzt gerade komme ich vom „Language Café“, was sich ein bissal nach Treffen etwas betagterer Herrschaften anhört, die zusammenkommen, um bei lauwarmen Kaffee und Sachertorte eine Sprache zu lernen. Ja, so ungefähr lief es heute Abend auch ab, wobei wir Wein und französische Snacks wie Quiche oder Baguette genossen haben. Währenddessen saßen wir an einem Tisch, wo wir Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Slowakisch, Chinesisch oder Portugiesisch mit Lehrern sprechen konnten. Ein, wie ich finde, ziemlich gutes Konzept, weil man einfach mal in eine Sprache reinschnuppern kann. Habe beschlossen irgendwann in meinem Leben Italienisch und Spanisch zu lernen und sei es auch bei Kaffee und Sachertorte.

 Nehme von dem Abend zwei Einladungen mit. Die erste Einladung besteht darin, bei irgendeiner Veranstaltung Deutsch zu kochen. Wird wohl Sauerkraut mit Würschtel werden, weil wir Deutschen das ja anscheinend den ganzen Tag essen. Zweitens wurde mir angeboten, einem Club namens Bacchus beizutreten, dem Club des römischen Weingottes, um dort einmal im Monat französische Spitzenwein zu verköstigen. Die haben ja keine Ahnung, wen sie sich denn da ins Haus holen würden. Ich kann ja nicht mal Fusel von besserem Wein unterscheiden. Finde es aber beruhigend, dass das viele Franzosen auch nicht zu wissen scheinen, da sie auf die Frage, ob es sich bei dem konsumierten Wein um guten oder eher mäßig guten Wein handelt, oft gar keine Antwort haben und wenn dann solche Antworten kommen, wie man könne den Wein am Korken unterscheiden. Demnach stünde ein Plastikkorken für guten und ein richtiger Korken für guten Wein. Cool wieder was gelernt ;-)

Ansonsten muss ich eine Liste mit regionalen Spezialitäten abarbeiten, die ich mir erstellen hab lassen, denn bekanntlich lernt man ein Land am besten auf dem kulinarischen Wege kennen( Was sich konkret auf dieser Liste befindet, schreibe ich dann mal bei Gelegenheit). Wenn ich wieder mal in München auftauchen werde, wird sich der ein oder andere fragen, ob da jetzt ein oder zwei Moritz zurückgekommen sind ;-)

Könnte jetzt hier noch über die bisweilen stressige Uni und das sehr ausgeprägte Partyleben erzählen, aber das ähnelt sich von Woche zu Woche, sodass ich es mir an dieser Stelle verkneife. Nehme aber auf jeden Fall einen süditalienischen Tanz namens Tarantella, südländische Gastfreundschaft, den Geschmack einer französischen Tartine, die Begegnung mit Money-Shower-Boy(der heißt nur inoffiziell so, weil er sich um  die Finanzen irgendeiner Studentenorganisation kümmert), Erfahrungen als Deutschlehrer, spanische Trinksprüche, französische Schlager und die Erkenntnis mit, dass es bisweilen sehr anstrengend sein kann jedem weiblichem Wesen zur Begrüßung einen angedeuteten Kuss links und rechts auf die Wange zu drücken. Naja Moritz, da bleibt nur eins zu sagen: „Willkommen in der BussiBussi-Gesellschaft!“

17.09.2014

17.09.2014 Moritz Update # 8 oder auch Salsa(soße)



Jetzt ist es schon wieder eine Woche her, dass ich meine Erlebnisse zum Besten gegeben habe beziehungswiese es zumindest versucht habe. Erst im Nachhinein wird mir bewusst, wie schnell die Zeit vergeht und ich bin erstaunt, dass ich bereits ein Viertel meines Aufenthaltes hinter mich gebracht habe.
So gefühlsmäßig vermisse ich München bislang noch überhaupt nicht, auch wenn sich aktuell hier in meinem französischen  Leben der Alltag Einzug gehalten hat( ein sehr schöner Ausdruck J ). Das Partyleben wird jetzt gerade eingeschränkt, wobei ich es mir nicht nehmen lasse mich so oft wie möglich bei derartigen Veranstaltungen blicken zu lassen.

Ich habe derzeit meine 10 Stunden, die ich in der Uni verbringe oder damit beschäftigt bin irgendeine Gruppenarbeit oder einen Report zu tätigen. Das ist auf jeden Fall ein Unterschied zu München, wo man alle heiligen Zeiten mal eine „Hausaufgabe“ bekommt. Hier muss man innerhalb weniger Tage eine Aufgabe erledigen, wobei es anscheinend sehr beliebt zu sein scheint seine Studenten einen längeren Bericht schreiben zu lassen. Ziemlich ungewohnt, zumal es in englischer Sprache erfolgt, aber so langsam gewöhne  ich mich dran.
Dann bekommt man so tolle Sachen zu tun, wie für ein französisches Energieunternehmen ein neues Beschwerdemanagement zu schaffen, was zur Folge hatte, dass wir uns als ausländische Studenten erstmal bei dem Unternehmen beschwert haben, dass die Website nur auf Französisch verfügbar ist. Finde es außerordentlich spannend mit Studenten aus verschiedenen Ländern zusammenzuarbeiten, wobei wir bei diesem Projekt eine französisch-italienisch-deutsche Allianz gebildet haben. Tolles Team, was einen dann dazu bringt noch zusätzlich ein Video zum Bericht zu schreiben. Wenn mir zeitnah die Rechte an diesem Video übertragen werden, versuche ich es an dieser Stelle der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Ansonsten kann man sagen, dass das Niveau auch in den Masterkursen den ersten Semestern eines Bachelorstudienganges entspricht, was dazu führt, dass ich Stoff, den ich schon einmal vor ein paar Semestern gehört hatte, nur nochmalig lerne. Ich habe keine Ahnung mehr von dem Zeug. Aber es geht hier wie in der Schule zu, denn es lauschen 15 Studenten einem Lehrer, der dann auch noch andauernd irgendwas von einem wissen möchte. Diese Form gefällt mir eigentlich ziemlich gut, auch wenn sie mir keine Gelegenheit bietet Tag zu träumen. Ansonsten ist das Verhältnis zwischen Lehrkörper(btw. auch ein sehr tolles Wort) und Studenten ziemlich entspannt, denn wann bekommt man in München schon einmal eine neue, amerikanische Fernsehserie  von einer türkischen Lehrerin empfohlen oder wann erzählt einem der Professor von irgendwelchen Erlebnissen aus München. Zusammengefasst kann man sagen , dass da Niveau in den Vorlesungen nicht allzu hoch ist, die Anforderungen für Berichte irgendwo auf Bachelorarbeitsniveau liegen, aber ich trotzdem mein Studium hier genieße.

Italien und Deutschland feiern mexikanische Unabhängigkeit

Mexikanisches Abendessen

Neben dem, dass ich universitär sehr busy bin, sind die ersten Tage dieser Woche sehr mexikanisch angehaucht, was daran liegt, dass heute der mexikanische Unabhängigkeitstag ist und die Mexikaner ein sehr feierwütiges Volk zu sein scheinen.(Die Unabhängigkeit Mexikos von Spanien erfolgte übrigens im Jahre 1910, wie mir mitgeteilt wurde- die Info nur am Rande und damit zumindest eine vernünftige Sache, diese Zeilen füllt.) Gestern gab es leckeres, mexikanisches Essen, wobei ich mir außer Guacamole keinen Namen merken konnte. Aber wann trinkt man schon mal Reissaft, Tequila und Saft aus Blüten? Habe Salsaunterricht bekommen, was wohl ziemlich unterhaltsam ausgesehen haben muss, wenn der Blondschopf mit seinem Rhythmusgefühl die Hüften schwingt. Habe beschlossen hier jeden Blödsinn mitzumachen, also gab es was zu lachen….



09.09.2014

09.09.2014: Moritz eingesperrt auf ein paar Quadratmetern



Auch wenn es der reißerische Titel vermuten lassen könnte. Nein, ich habe keinen französischen Polizisten mit einem Gemisch aus Mehl, Salz, Hefe und Wasser, also sprich mit einem Baguette angegriffen und bin deswegen in den Knast gewandert.

Habe es mir trotz angeschlagener Gesundheit am Samstag nicht nehmen lassen ganz in der Früh die Braderie aufzusuchen. Mit einem Schweizer Studenten zusammen haben wir uns von einem Franzosen die wichtigsten Orte zeigen lassen, wobei mir insbesondere die 100 km Flohmarktstände in Erinnerung geblieben sind. Jeder, aber auch jeder Quadratmeter war vollgepflastert mit Ständen, an denen kommerzielle Verkäufer, aber auch unzählige Privatleute ihre Waren feilboten. Man konnte vom selbstgemachten Essen, über Gasmasken bis hin zum Goldfisch praktisch alles kaufen.
Macht ja auch Sinn, wenn man alles kaufen kann. Denn wer hat denn noch nie seinen Goldfisch mit einem ganzen Crêpe gefüttert, sich dann gewundert, dass der Fisch detoniert und sich dann nicht gezwungen sah aufgrund des Gestankes zur Gasmaske zu greifen. Aber auch das nur eine Bemerkung am Rande.

Zwischen den Ständen reihten sich Besucher aus ganz Europa aneinander, was dem Zustand auf der Wiesn schon recht nahe kam, wobei mir dann doch noch Dirndl und Lederhosen gefehlt hätten. Wem das noch nicht warm genug war, der konnte sich beim gleichzeitig stattfindenden Halbmarathon auf Temperatur bringen oder wer nach Besteigen eines Muschelschalenturms immer noch nicht an Höhenangst litt, konnte sich auch noch auf einem Jahrmarkt mit Hilfe  eines Riesenrades in die Höhe bringen lassen. Wahnsinn, was in Lille innerhalb von 48 Stunden geboten war!

Naja, habe von den 48 Stunden effektiv 4 auf den Rues dieser Stadt verbracht, da sich dann mein Körper weigerte  sich weiter die eher als Krempel statt als Kunst anmutenden Waren anzuschauen. Verbringe jetzt seit Samstagmittag meinen Tag im Bett, was für mich eine Höchststrafe bedeutet, wenn ich mal zum Nichtstun verdammt bin.
Man könnte sich ja fragen, ob der  ganze Bua(Moritz) a Depp sei, weil er sich  trotz angeschlagener Xundheit in die Massen stürze, so möchte ich noch erwähnen, dass man mir am Freitag angeboten hatte, als Französisch-Deutsch-Übersetzer auf der Braderie zu arbeiten, was mich wahnsinnig gereizt hätte, ich aber mit Verweis auf meine körperliche Verfassung abgelehnt habe.

Die letzten Tage habe ich vor allem mit Schlafen verbracht, wobei böse Zungen behaupten, dass das weder auf einen vorgezogenen Winterschlaf noch auf irgendeine Krankheit zurückzuführen, sondern vielmehr der Normalzustand sei. Dem sei entgegenzuhalten, dass ich normalerweise nur dreimal und nicht zehnmal am Tag schlafe ;-)
Wenn ich nicht gerade esse, vertreibe ich mir die Genesung mit ARTE-Sendungen gucken, da ich ja in Frankreich bin. Habe mir alles Mögliche angeschaut, vom alten französischen Liebesfilm bis hin zu Dokumentationen über Länder Afrikas und Asien. Sollte jetzt eigentlich schlauer sein als vorhin, stattdessen werde ich wegen der Sendungen von Fernweh geplagt, sodass jetzt afrikanische Sender über meinen Laptop-Bildschirm flimmern. Meine Nachbarn werden sich wundern, wenn dann aus dem Nachbarzimmer ein kreidebleicher Deutscher tritt. Das wird ein Spaß und noch ein Grund mehr die Lautstärke gen Maximum zu klicken…

Gestern Früh war ich bei einer französischen Ärztin, wobei ich zuerst mal zwecks Termins angerufen habe, um dann mitgeteilt zu bekommen, dass das hier nicht üblich sei. Habe mich gerade noch so zum Arzt schleppen können( 10 Minuten zu Fuß können auch für mich manchmal echt ätzend sein), bevor ich dann in der Praxis in Action trat und mit 5-6 medizinischen Fachbegriffen(dank Internet), Händen, Füßen und zahlreichen Geräuschen der Ärztin zu verstehen gab, worin der Grund meines Besuches liege. Bin an den Nebenhöhlen erkrankt und muss mir jetzt diverse Pillen einwerfen. Nur schade, dass sie alle weiß und nicht bunt sind….

Gestern Abend wäre in der Uni <<Bienvenue chez les Ch’tis>> in Originalfassung gelaufen und heute ein gemeinsames, französisches Essen mit anschließendem Umtrunk in einer Bar gewesen, wo ich liebend gerne teilgenommen hätte, mich aber meine Gesundheit an meine paar Quadratmeter Zimmer bindet.
Werde von netten Mitbewohnern mit Nahrung versorgt und meinen Humor hab ich auch noch nicht verloren, sodass ich hier nicht am Hungertod sterbe, ich auch nicht allzu viel Trübsal blase und einer baldigen Genesung somit nichts mehr im Wege steht.